Werkstatt Augenblick
4 Tafeln à 8 Blumen-Fotografien Gesamtlänge 7,1 m x Breite 0,80 m
Die Begegnung am Bach
Es ist kurz vor Mittag, als ich mich auf den Weg mache, im Hintergrund etwas Musik, die aber bald verklingt. Meine Schritte sind schnell, mein Schatten vor mir sehr klein, als würde ich ihn nächstens übertreten und hinter mir lassen. Doch begleitet er mich bis zum Bach. Ganzer Text
Ennenda, Mitteldorf
2012
Netz-Werk 7 Tafeln mit Blumenblüten-Fotografien
Drahtig 15 Tafeln Klematis Vitalba
4 Tafeln à 8 Blumen-Fotografien Gesamtlänge 7,10m x Breite 0,80 m
Blumenbilder, bestehend aus 12-Tafeln
(430 x 430 mm) bedruckt und versiegelt, für den Aussenbereich
6 Tafeln à 8 Blumen-Fotografien Gesamtlänge 10.70 m x Breite 0,80 m
Tafel 55x55 Fotografiert auf Forex
Erich Heldstab
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Es ist kurz vor Mittag, als ich mich auf den Weg mache, im Hintergrund etwas Musik, die aber bald verklingt. Meine Schritte sind schnell, mein Schatten vor mir sehr klein, als würde ich ihn nächstens übertreten und hinter mir lassen. Doch begleitet er mich bis zum Bach. Mit einem grossen Schritt stehe ich im Bachbett, wo sich das Wasser sanft und leise seine Wege bahnt. Ich stehe da und muss einfach mal hinsehen mit meinen Sinnen. Das Wasser schaukelt und wiegt sich von Stein zu Stein, doch mit seiner Klarheit jeden Stein erscheinen lässt und es das Ufer mit einem weichen Schwanken spiegelt. Ich knie mich auf einen flachen Stein und beuge mich über die glatte Oberfläche. Sie nimmt mich an und reflektiert mein Ich. Ich Strecke die Arme aus, falte die Hände zu einem Löffel, schöpfe von dem Wasser und führe es zu meinem Mund. Quirlend frisch füllt es meinen Körper. Gestärkt springe ich an einer schmalen Stelle über den Bach. Hoch zum Wasserfall, das Tosen wird stärker, es sind noch einige grosse Steine zu überwinden bis er sich zeigt. Sein weisses Schäumen entspringt am Fusse zweier Berge, die den Bach begleiten bis hin zur Passhöhe. Tannenbaumhoch fällt das brausende Wasser bis es zum stillen Fliessen übergeht. Die Luft ist mit feinen Tröpfchen gefüllt, sie lassen sich auf meinem erhitzten Körper nieder, Millionen davon, es beginnt zu fliessen.
Mein Ziel rückt näher, der zweite Wasserfall soll gleich oberhalb sein. Entschlossen verlasse ich auf der rechten Seite das Bachbett, wo das Licht nur gebrochen den Waldboden erreicht. Ich streife am Felsen entlang, bis sich eine Lichtung mit Grünflächen preisgibt. Mein Einstieg? Der Felsen leicht bewaldet, übergehend zum grünen Hang. Der Einstieg erscheint mir noch einfach. Ich stelle mich zum Hang, setze den ersten Schritt in die Magerwiese, die wenig Erde über dem Felsen trägt. Da muss ich quer laufen, einen Zikzackweg wählen. Es ist so steil, dass das spärlich wachsende Gras als Halt zu gebrauchen ist. Es bietet sich ein Haselnussstrauch an, der mir einen senkrechten Aufstieg ermöglicht. Oberhalb des Strauches angekommen, habe ich genügend Stand, um die Höhe einschätzen zu können, ca. 30 Höhenmeter sind erreicht. Es wird Zeit, um den waagrechten Weg zu finden. Ein "Ritt" wie eine Gasse trennt mich von meinem Vorhaben. Ein Baum ist mein Ziel, den ersten Schritt gesetzt, beginnt das Laub den Hang hinabzurollen und wird zu einer kleinen Lawine. Bewusst setze ich jeden Fuss ins Gelände, um Halt zu finden. Erleichterung steigt in mir auf, als die Tanne auf meiner Seite steht. Die Bewaldung wird dichter und gewährt mir mehr Möglichkeiten, so geht es etwas schneller voran. Das Rauschen des Wasserfalles ist schwach zu hören. Fels, Strauch und Baum bieten mir Hand. Es wird immer enger und die Bäume kleiner. Das Unterholz so dicht, dass ich mich nach jedem Schritt neu umsehen muss. Ein lichtgefüllter Tunnel im Unterholz in einem leuchtenden Grün öffnet mir den Weg, der quer über den überwachsenen Felsen führt. Es ist so steil, dass die Sonne den Tunnel mit einem Lichtkegel ausleuchtet. Das Rauschen ist deutlicher hörbar. Wo werde ich sein? Eine Herausforderung! Auf allen Vieren schlängle ich mich in die Höhe, rechts und links die Sträucher, ein Weg in Schulterbreite. Es steigt eine Geborgenheit in mir auf. Ich nähere mich der kreisförmigen Lichtfläche. Geblendet schlüpfe ich aus dem Tunnel.
Der Atem bleibt mir stehen, unbeschreibliche Schönheit. Eine Zufriedenheit breitet sich in mir aus, lässt mich tief Luft holen, und noch einmal. Die Luft ist mit so viel Sauerstoff angereichert, dass ich spüren kann, wie mein Energielevel ansteigt.
Zu meiner Rechten steigt der Felsen ins Blau, zu meiner Linken sehe ich auf die Kronen der Bäume. Vor mir eine Brücke, aus dem Felsen gewachsen, in der Breite eines Feldweges, der leicht ansteigend zu einem Pfad wird, der in der Mitte durch die Schlucht getrennt ist. Drei Schritte nach links, eine Buche, die sich gerade noch umarmen lässt. Mein Blick den Stamm entlag. Ein Sonnendach, von einem feinem Wind erfasst mit der Vielfalt grüner Farbe spielend. Rechts am Fusse des Felsens eine weitere Buche mit gleicher Grösse. Ihre Äste ragen tief in die Schlucht, und bilden eine Blätterwand, durch die man nur spärlich hindurchsehen kann, entlag der Brücke. Der Boden unter meinen Füssen ist mit Moos überwachsen- von tiefem bis hin zu goldenem Grün. Ein mystischer Anblick.
Mit voller Zuversicht gehe ich nach vorn zum Pfad. Der Abgrund zeichnet sich in einer Klarheit, dass ich zwei Meter davor stehen bleibe. Den Wasserfall kann ich noch nicht sehen, doch das Rauschen ist sanft und mit einer Regelmässigkeit, als wäre er in mir. Ergriffen lege ich mich auf den Bauch, quer zur Brücke, weich empfängt mich das Moos. Ich Strecke den Kopf über die Kante: senkrecht abfallender Fels bis hin zum Bachbett. Ein leichter Schwindel erfasst mich. Links von mir ist die Öffnung des ersten Wasserfall, die den Bach Bach sein lässt. Die Schlucht öffnet sich zu einem Kreis. Als hätte jemand mit einem Zirkel den Grund gezeichnet- ein Innenhof mit mindestens 30 Meter. Senkrecht in die Höhe steigt der Fels, der den Bach bewahrt. Visavis, auf gleicher Höhe entspringt der zweite Wasserfall. Durch die Blätterwand der Buchen ist er spärlich zu sehen, mit gleicher Grösse wie der erste Wasserfall. Doch mit einer Breite von zwei Metern fällt das weiss schäumende Wasser in die Tiefe. Der Schaumvorhang ist so leicht, dass man dahinter den Felsen erkennen kann. Fast leise taucht das weissliche Wasser in den stehenden, aber doch fließenden Bach ein. Kleine und grosse runde Steine weisen den Bach durch das runde Plateau, das von gigantischen Felsen umzäunt ist. Zwei-dreimal so hoch wie die Buche, ragt der Felsen in die Höhe, in brüchiger und scharfer Struktur. Der Kragen ist bewaldet. Die Äste greifen tief in die Schlucht, wie ein Vordach des Waldes.
Ich stelle mir vor wie es wäre, wenn der Bach durch ein Gewitter anstiege. Mit welchen Energien er in die Schlucht brauste, in einen Wirbel überginge und sich am Felsen hocharbeitete bis sich ein See aufbaute. Grollende, reibende und klopfende Steine, die sich im Kreise drehten und tanzten im Fliessen der Energie, füllten das Tal mit verschiedenen Klängen, bis das neue Plateau gestaltet wäre. Eine unberührte Natur, die in der Ewigkeit gewachsen ist.
Ich soll eine Stunde dort gelegen sein, einen Augenblick. Mein Körper ist wie verwachsen mit dem Moos, mein Geist betrachtet die Schönheit vom Dasein, die Seele ist wie das Licht mit allen seinen Farben. Ich fühle mich verbunden mit allem und umarme die Welt.
Es wird Zeit aufzubrechen. Zurück in den Lichttunnel. Ein letztes Mal tief durchatmen. Die Beine voran, sich verschlingen lassen vom grünem Tunnel. Ein letztes Mal, einen Blick auf den licht gefüllten Kreis. Ich stelle mich aufrecht, sehe in die Tiefe, um den Weg zu finden, auf dem ich kam. Ich staune, dass ich da hochkam. Mein Wissen steht mir noch im Wege, denn ein Abstieg ist nicht einfacher, aber wo ich hinkomme, ist das bestimmt? Ich drehe mich zum Hang, der einen neuen Weg aufzeigt. Der Aufstieg scheint mir einleuchtender, ich kann mich höchstens versteigen. Kein Wissen schenkt mir das Vertrauen. Doch der Aufstieg am Fels entlang scheint mir heller und klarer. Ich verlasse das Unterholz, um der leichteren Bewaldung entlang zugehen. Doch der Fels wird zu einem Band, das mir dauernd eine Möglichkeit zum Einsteigen bietet. Ich Entscheide mich, dem Felsen entlangzugehen. Vom Felsen zum Wald, zur Wiese, zum Weg, der mich zurückbringt auf die Strasse. Zwei Stunden Umweg haben sich gelohnt. Inzwischen ist mein Schatten doppelt so lang wie ich. Sein Erscheinen lässt Dankbarkeit in mir aufkommen.